Jagdliche Passion

Der Duden definiert den Begriff „Passion“ als „starke, leidenschaftliche Neigung zu etwas; Vorliebe, Liebhaberei“. Um den Begriff im Kontext der modernen Jagd richtig einzuordnen, bietet sich ein kurzer Rückblick auf die Entwicklungsgeschichte des Jagens an. 

Jäger und Sammler

Schon der Volksmund weiß: Unsere Vorfahren waren „Jäger und Sammler“. Tatsächlich sind Darstellungen von Jagdszenen bereits aus der ur- und frühgeschichtlichen Höhlenmalerei überliefert. Zu Recht gilt die Jagd daher als die wohl älteste traditionelle Wirtschaftsform der Menschheit. Der Bedeutungsgehalt des Jagens hat sich im Laufe der Zeit jedoch mehrfach verändert. Während die frühe bäuerliche Zweckjagd in erster Linie dem Nahrungsmittelerwerb und damit dem Überleben diente, entwickelte sie sich später zu einem Privileg des Adels. Die Fürsten nutzten sie gezielt, um damit ihren sozialen Rang und Machtanspruch zu dokumentierten. Hierfür stehen sinnbildlich etwa die mittelalterliche Hofjagd oder prunkvolle Jagdschlösser. Die moderne Jagd findet wiederum in breiten Teilen der Bevölkerung Anklang. Neben Berufsjägern und Förstern wird sie vor allem von Hobbyjägern ausgeübt – und ist dabei längst keine Männerdomäne mehr. Zudem ist die Zahl der Jagdscheininhaber in den letzten Jahren deutschlandweit kontinuierlich gestiegen. Diese Entwicklung macht deutlich: Jagen übt seit jeher eine große Faszination auf den Menschen aus. Jagen ist eine Passion. 

Doch woraus speist sich diese Leidenschaft? Ist es der Blick vom Hochsitz über ein nebelverhangenes Tal oder eine Lichtung bei Sonnenaufgang? Ist es der Waldgeruch, das morgendliche Erwachen der Vogelwelt oder das Plätschern eines Wildbachs? Oder geht es dem Jäger vor allem ums „Beutemachen“?

Das Ökosystem erhalten​​

Wer den besonderen Reiz nachempfinden will, den ein leidenschaftlicher Jäger bei seiner Tätigkeit verspürt, der muss zunächst verstehen, dass die Jagd eine einzigartige Gelegenheit bietet, Dinge zu erfahren, die üblicherweise im Verborgenen liegen. Jäger erleben die Natur von einer besonders kostbaren, verletzlichen Seite. Sie beobachten Jäger und Gejagte in der Tierwelt und erkennen immer deutlicher die Zusammenhänge im Jahreslauf und im Ökosystem. Die Jagd ermöglicht ihnen ein besonders intensives Naturerlebnis – hautnah und fernab vom Alltagsstress moderner Gesellschaften. Ortega y Gasset hat dieses Phänomen in seinem berühmtem Essay „Meditationen über die Jagd“ treffend als „künstliche Rückkehr in ein ursprüngliches Menschsein“ beschrieben. Jagdliche Passion speist sich somit ganz wesentlich aus der tiefen Verbundenheit des Jägerhandwerks mit den Abläufen in der Natur und der dadurch erzeugten Emotion/en.

Darüber hinaus verschafft die Hege und Pflege der Natur und der Wildtiere auch heute vielen Jägern eine innere Erfüllung, weil sie auf diese Weise einen wichtigen Beitrag zur Wildregulation leisten. Ohne das Jagdwesen würden die Wildbestände schnell Überhand nehmen und zu unkontrollierbaren Verbissschäden in der Land- und Forstwirtschaft führen. Die moderne Jagd trägt somit maßgeblich zum Schutz und zur Erhaltung eines artenreichen und gesunden Wildtierbestandes bei. Jagdliche Passion ist somit immer auch aktiver Naturschutz. Selbstverständlich steht dabei der Respekt gegenüber dem Wild an erster Stelle. Kein Jäger erlegt Tiere aus Freude am Töten. Sinn der Jagdausübung ist es vielmehr, den Wald und die Tiere für den Menschen nutzbar zu machen. Und wenn einzelne Tiere gezielt getötet werden, führt dies noch lange nicht zu einer Bedrohung der gesamten Art.

Son looking through binoculars, father standing with a gun
Zu guter Letzt ist das moderne Jagdwesen ein Kulturträger. Hier wird wertvolles Wissen über die Tier- und Pflanzenwelt weitergegeben, Tradition und Brauchtum gelebt, die Jägersprache gepflegt und die nachfolgende Generation an die Natur herangeführt. Dieser kulturelle Aspekt wird häufig übersehen, ist aber ebenfalls ein wichtiger Bestandteil wohlverstandener jagdlicher Leidenschaft.